Im spannenden Interview zwischen Moderatorin Alissa Stein von Hamburg 1 und Geschäftsführer Dominic Preuß von Hagel & Preuß Consulting GmbH geht es um die Lösung des Fachkräftemangels. Wie diese Lösung konkret aussieht und wie wir zum Thema Recruiting gekommen sind, verrät Ihnen heute mein Geschäftspartner Dominic Preuß.

Viel Spaß beim Interview!


Moderatorin: So gut wie jede Woche lesen wir von dem Fachkräftemangel. Er wird immer größer in Deutschland und auch immer mehr zu einem größeren Problem für alle Unternehmen. Neben mir sitzt ein Mann, der genau da gegensteuert und der vor allem den Unternehmen hilft.

Wir sprechen heute über ein Thema, was ich ja schon gesagt habe, eigentlich aktuell alle Unternehmen betrifft, oder?

Auf jeden Fall. Ich selbst habe den Fachkräftemangel im Jahr 2016 erstmal sehr stark kennengelernt. Damals war ich noch Führungskraft in einem großen Reifenfachhandel und da war es halt Saison.
Zu Saison mussten wir neue Mitarbeiter organisieren, weil du hast halt Winter/ Herbst Geschäft. Und dann ist einfach ein extrem großer Publikumsverkehr. Das heißt, wir haben da jedes Mal das Thema gehabt, zu rekrutieren.

Ich kannte also auch alles und für mich war es selbstverständlich, dann überall mit einzugreifen. Und zu der Zeit hatte ich halt auch ganz viel mit Spediteuren usw. zu tun und die hatten halt alle da auch so langsam das Aufkommen des Fahrermangels beispielsweise gemerkt. Ja, und so ist es eigentlich dazu gekommen, dass ich im Laufe der Jahre immer mehr mit diesem Thema konfrontiert war, wir es aber nicht lösen konnten.

Also egal was wir probiert haben, Budgets waren da, wir haben versucht, überall zu inserieren.
Es ist einfach so, wenn man Glück hat, kam durch eine Empfehlung noch was.
Das heißt, ein Mitarbeiter kannte wieder jemand, der woanders vielleicht weg wollte und das war dann so eine Möglichkeit was zu machen.

Aber alles in allem hat mich das dann auch irgendwann dazu gebracht, dass ich krankheitsbedingt gesagt habe oder gesundheitlich dann einfach aufhören musste, weil das einfach zu viel war.
Das ist heute, ich meine, das ist jetzt ein paar Jahre her. Heute ist es viel schlimmer. Also das, was ich erlebt habe, gibt es heute dann hoch zehn und das betrifft eigentlich mittlerweile fast jedes Unternehmen.

Wie ging es dann weiter? Du hattest gerade gesagt, dich hat es dann auch gesundheitlich getroffen. Wie kamst du dann auch zu dem Thema, dass du gesagt hast, du möchtest genau bei diesem Problem ansetzen?

Tatsächlich war es am Anfang gar nicht so, dass ich da ansetzen wollte, weil einfach durch dieses ganze Mitarbeiter Problem habe ich für mich auch gesagt, eigentlich ich will nie wieder Mitarbeiter haben. Es war tatsächlich damals so.

Ich habe dann nach einer Lösung für mich gesucht. Ich war 2003, kurz nach nachdem ich die Schule beendet hatte, so ein bisschen im Onlinebereich und habe da Webseiten gemacht und dachte, das war eigentlich cool, das hat dir Spaß gemacht, kuckst du mal, wo sich die Onlinewelt jetzt hinbewegt hat.

Und Ende 2018 habe ich dann angefangen, tatsächlich wieder mich im Onlinebereich wiederzufinden und dann mit Neukundenakquise für die ersten Kunden eigentlich begonnen.
Also das war so der Werdegang danach, wie sich das dann entwickelt hat.

Mein Partner und ich sind dann durch Zufall eigentlich mehr oder minder wirklich auf dieses Recruiting Thema gestoßen oder auf eine Lösung. Also wir haben quasi einen Kunden betreut und er hat uns irgendwann mal angesprochen, ob wir nicht für ihn, Subunternehmer für sein Unternehmen besorgen könnten, über unseren Weg. Also haben wir dann gesagt okay, wir probieren es aus.

Und was dann eigentlich zu unserem Erstaunen war, wir haben die Kampagne mit dem sechs Wochen gemacht und in den sechs Wochen haben sich, ich würde sagen, sieben oder acht Subunternehmer gemeldet. Wow und alle anderen, das waren knapp 100 Menschen, die haben sich beworben, die wollten dort arbeiten.

Und zu dem Zeitpunkt waren es uns aber überhaupt gar nicht bewusst, was wir da, also auf was wir gestoßen sind. Ich hatte das Thema Fachkräftemangel für mich eigentlich, das war hinten runter, das war erledigt.

Wir haben Neukunden gewonnen für lokale Dienstleister. Das war alles super schön. Und er sagte dann irgendwann: „Kannst du das bitte ausschalten. Weißt du wie viele Leute hier bei mir arbeiten wollen.“
Und das war cool, aber das hat uns erst mal nicht weitergebracht. Wir haben dann einfach weitergemacht mit dem, was für uns wichtig war, also weiter Neukunden zu akquirieren.

Und dann kam irgendwann natürlich auch für uns die Pandemie. Und damit waren natürlich lokale Dienstleister geschlossen und das war für uns auch so ein so ein Erwachen. Wir haben auf einmal von heute auf morgen alle Kunden gehabt. Wir haben nichts mehr gehabt. Die haben alle angerufen, gesagt, wir müssen den Laden zu machen. Und damit ist natürlich auch unsere gesamte Geschäftsbasis weg gewesen.

Und dann sitzt du da und denkst, was machst du jetzt.
Bisschen Rücklagen hattest du natürlich aufgebaut, das ist klar. Und dann kam also Step by Step einfach für uns auch so die Frage: Was sind systemrelevante Branchen?

Nach denen haben wir uns umgeschaut und sind dann auch auf ein, zwei gestoßen, zum Beispiel dann eben auch auf die Akustik Branche, in der wir halt heute tätig sind. Ja, und dann, als es sich so langsam wieder löste, Mitte 2020, da haben wir dann angefangen, tatsächlich zu sagen, wir reden mal mit unseren Kunden darüber, was dieses Fachkräfte Thema angeht.

Und so hat sich das dann Stück für Stück für uns entwickelt. Wir haben dann natürlich auch dort immer mehr lernen müssen. Es gibt Branchen, wo du sehr, sehr einfach rekrutieren kannst und es gibt Branchen, wo du sehr, sehr schwer rekrutierst. Und so hat sich das dann für uns tatsächlich entwickelt und wir haben mittelfristig dann nach einer Branche gesucht, tatsächlich, wo es etwas schwerer ist.

Warum habt ihr euch dann speziell auf die Hörakustik Branche spezialisiert?

Zum einen war es so, wir haben einen Kunden gehabt bei uns, den wir dann auch schon länger betreut hatten, die aus genau diesem Bereich kamen.
Und das hat uns dazu gebracht, dass wir mehr und mehr da reingucken konnten. Also wir haben immer tieferen Einblick bekommen in diese Branche, was die macht. Und irgendwann bis zu dem Punkt, wo du sagst: Okay, die bewegen richtig was, also die verändern Leben.

Es ist tatsächlich so, dass man so ein Mensch, der irgendwie so ein Hörproblem hat oder an Schwerhörigkeit tatsächlich leidet, diese Menschen, wenn die plötzlich dann auf einmal nach so, ich sage mal, da braucht man ungefähr so 6-8 Wochen, bis so ein Prozess abgeschlossen ist.
Wenn die dann losgehen und sagen Mensch, ich höre die Vögel wieder zwitschern, ich kann mit meinen Enkelkindern richtig reden.

Und das sind so Momente, wo du sagst: Ja, und bei meiner Großmutter war es auch so. Also wo ich da zu Besuch war, das war so Küchentisch mit 50 Zentimeter Abstand und trotzdem hast du dich gefühlt, du wärst im Fußballstadion, damit sie dich versteht.

Was ist denn da die besondere Situation in Bezug auf Fachkräftemangel und vielleicht aber auch zum Thema Kundengewinnung?

Also es ist so, dass die Branche selber sehr unsichtbar ist. Also wir haben zwar einen sehr, sehr großen Teil Betroffener bei uns im Land, das ist ungefähr 10 Millionen Menschen in Deutschland sind tatsächlich von einem Hörschaden betroffen. Die meisten wissen es gar nicht und das ist ein Problem. Die Unwissenheit. Also es gibt gar kein Bewusstsein dafür.Man sieht es so als normal an.

Das andere ist, es gibt in Deutschland etwa 6700 Hörakustik Unternehmen und auf diese Hörakustik Unternehmen verteilen sich 15.000 ausgebildete Hörakustiker. Dann gibt es noch ein paar Meister und so, aber letztendlich ist es, wenn man die Zahlen gegenüberstellt, relativ wenig Fachpersonal für doch sehr, sehr viele Geschäfte.

Und es ist natürlich speziell, wenn das Thema Neukunden angeht, ist es ein Markt, der mehr und mehr wächst. Für uns war auch wichtig, dass das eine systemrelevante Branche ist, wo wir einfach sagen können, egal was rundherum pandemiebedingt passiert, diese Geschäfte bleiben offen und helfen auch weiter.

Was macht ihr jetzt mit den Kunden? Also was ist euer Ansatz, was wollt ihr erreichen?

Also tatsächlich ist so für uns der Ansatz langfristig, dass wir die Hörakustik Branche einfach als attraktive Branche nach draußen bringen wollen. Wir wollen einfach, dass sie viel mehr Sichtbarkeit haben, gerade auch im Bereich der Ausbildung. Also viele sehen diesen Beruf gar nicht, obwohl das ein total cooler Beruf ist, weil du bist auf der einen Seite alles, was so handwerklich ist und auf der anderen Seite geht es auch darum, dass du technisch versiert bist und dann eben auch den Umgang mit Menschen hast.


Also einfach dieses Berufsbild und die Branche präsenter zu machen, dass die Menschen einfach wissen: Hey, das gibt es und das ist auch ein Beruf, der einfach auch nachhaltig ist, der auch wirklich was tut für die Gesellschaft.

Das ist uns sehr, sehr wichtig, dass das einfach auch klar wird und einem auch dann den Menschen eine Perspektive zu geben, zu sagen, das könnte auch ein Berufsbild für mich sein, so lange, wie das so unsichtbar ist, dieses Handwerk ist es halt schwer, das hinzubekommen und für uns einfach die Aufgabe, wir machen das sichtbar. Das ist unser Ziel.

Welche Unternehmensgröße ist da primär eure Zielgruppe?

Also Sie sagen wir, wir arbeiten halt gern zu KMUs zusammen. Ja, so ab 20 Mitarbeiter ist es für uns relevant, oder was ist relevant am besten, weil dann wissen wir zum einen, da ist eine bestimmte Basis da. Und zum Anderen sind es eben Unternehmen, die auch wirklich vom Fachkräftemangel betroffen sind. Ich sag mal so, kleine Unternehmen, wo jetzt ein, zwei, das ist meistens dann der Chef, ein Meister, der so und so ein Laden hat und dann hat er noch einen zweiten mit dabei.


Das ist jetzt nicht der Betrieb, der dann sagt: Ich bin auf der Suche nach Fachkräften.
Sondern wir suchen schon für die Betriebe, die auch wirklich sagen, wir haben eine bestimmte Größe und das richtige Fundament. Und dann ist das für uns der richtige Kunde.

Sehr spannend. Was würdest du denn sagen? Was ist so der häufigste Fehler, der auch begangen wird?

Also tatsächlich ist es die Präsenz nach außen, obwohl das Hörakustik Handwerk wirklich extrem technisch weit ist. Also da ist so viel Innovation drin, ist in der Präsenz nach außen sehr, sehr viel vergessen worden. Also es sieht von außen alles sehr angestaubt aus. Viele, viele Akustiker haben, wenn sie eine Webseite haben, eine Webseite, die so lala ist.

Also da würde ich dann auch wenn ich jung bin und schau, wo will ich hin in meinem Leben, Schwierigkeiten haben, mich dort zu bewerben. Und dann gibt es aber auch andere, die sind schon so eine Art Leuchtturm Unternehmen, die einfach wirklich schon vieles richtig machen.
Und man sollte einfach dort aufpassen, dass man die Präsenz nach außen hat, dass wenn man einen Internetauftritt hat, dass der neu ist, dass der gepflegt ist oder zumindest auf den State of the Art, sage ich mal, und dass das sehr persönlich ist.

Dass ich als Kunde, so wie auch als zukünftiger Mitarbeiter etwas sehe, was mich anspricht. Da muss man auch eine bestimmte Authenzität hervorrufen und wo ich dann sage, damit könnte ich mich identifizieren.

Was würdest du sagen, also so rückblickend: Was war damals auch der Schlüssel bei dem Unternehmen, was ihr betreut hat, was du als Beispiel vorhin genannt hattest, die dann irgendwann gesagt haben: Bitte, bitte, hört auf, wir können uns vor Anfragen nicht mehr retten. Also was da so wirklich der Schlüssel?

Tatsächlich war es die Branche, das hat sich jetzt auch im Laufe der Jahre gezeigt. Wenn du rekrutiert im Handwerk, dann ist es relativ simpel. Es gibt natürlich unheimlich viele Handwerksunternehmen und auch dort gibt es natürlich bestimmte Nischen.

Jetzt mal fern abseits unserer Branche einen Dachdecker zum Beispiel zu rekrutieren, ist wiederum schwierig. Wenn du aber jetzt jemand suchst, der im Elektro Handwerk zum Beispiel ist, das geht dann relativ einfach.

Und dann haben wir halt festgestellt, um diese schwierigen Sachen zu lösen, heißt es für uns: Du musst viel tiefer graben. Also das heißt, wir arbeiten sehr, sehr viel nach Persönlichkeitsprofil. Also für uns ist es eben wichtig, wenn wir Leute rekrutieren für Unternehmen, dass diese Menschen dann auch dauerhaft da bleiben. Also das bringt uns nichts, wenn jetzt jemand fachlich die beste Kompetenz hat. Aber mir sagt jetzt der Chef von so einem Unternehmen, so menschlich wird das nichts werden.

Und wir machen es eben voran. Wir sprechen vorab und holen uns ganz genau die Information. Welche Menschen gibt es aktuell im Team? Nach welchen Menschen suchen wir? Und dann fangen wir eben auch an, alles in unserem Marketing daran anzupassen für diese Stelle.

Das heißt, jeder Text ist so geschrieben, dass eben keiner, der sehr introvertiert ist, sich darauf bewerben würde, sondern das ist schon jemand, der dann weiß: Hey, ich habe mit Menschen zu tun, ich mache das, ich mache jenes und das kann man eben.

Im Laufe der Zeit haben wir da so tief gegraben für. Heute sagen wir, man kann es für fast jede Branche lösen. Also es gibt bisher kaum eine Branche, wo wir das nicht gelöst haben. Mal dauert es länger und mal geht es relativ schnell.

Also gibt es eigentlich auch gar keinen Fachkräftemangel?

Ich würde sagen, wenn man ehrlich ist: Jeder fünfte, das ist auch so eine Statista Geschichte, jeder fünfte in Deutschland hat bereits innerlich gekündigt. Wenn wir jetzt einfach mal dahin gehen und sagen: Okay, jeder fünfte ist total unzufrieden mit seinem Job. Dann kann man sagen: Ja okay, dann hätten er/sie sich was anderes aussuchen müssen. Aber wir müssen ja immer mal zurückdenken, wer macht denn bei uns denn die Jobwahl.

Das macht ein 16 oder 17-jähriger, vielleicht gerade so endpubertierender junger Mann oder eine junge Frau, die eigentlich noch nicht viel vom Leben gesehen hat. Und die wird dann vor die Aufgabe gestellt: Such dir mal irgendwas aus, weil du brauchst ja irgendwas. Geh studieren oder such dir eine Ausbildung.

Und das ist einfach unser Problem, weil auch vieles so aus der Vergangenheit noch rührt.
Da heißt es: Du brauchst was sicheres und du musst zu einem großen Unternehmen. Es fragt doch gar keiner danach, was willst du eigentlich wirklich?

Aber diese Leute müssen dann konkret auch angesprochen werden?

Tatsächlich machen wir das. Also das ist wirklich so, also wir gehen schon hin und sagen, wir möchten halt auch da an der Stelle so ein bisschen den richtigen Arbeitgeber zum richtigen Arbeitnehmer bringen.